Halbmarathon-Taktik oder überhaupt die Lauftaktik … Es gibt Laufveranstaltungen in allen Bereichen, egal ob kurze Laufstrecken, Halbmarathon, Marathon oder Ultrastrecken. Dabei erfreut sich vor allem der Halbmarathon großer Beliebtheit. Dazu werden in vielen Regionen über das Jahr verteilt verschiedenste Laufserien und Cup-Läufe angeboten. Hierbei geht es meist um Punkte und Platzierungen, die dann nach einem Jahr ausgewertet werden. Es gibt nicht wenige Läuferinnen und Läufer, die diese Serien sehr ernst nehmen und dafür auch intensiv trainieren. Der Ansporn ist groß endlich mal die Lauffreunde des Nachbarvereins zu überholen oder eben mal zum Schluss eines Laufwettkampfs, ganz oben auf dem Treppchen zu stehen oder einfach eine persönliche Bestzeit aufzustellen. Neben solidem Lauftraining ist in vielen Fällen unter anderem eine gute Lauftaktik entscheidend, um zum persönlichen Erfolg zu kommen.
Lauftaktiken spielen aber nicht nur im Wettkampf eine Rolle. Letztendlich ist es für das eigene Lauftraining entscheidend wie gelaufen wird. Und letztendlich ist die Wahl des Tempos oder der Strecke auch eine Taktik. Im heutigen Beitrag möchte ich mich vor allem auf die Halbmarathon-Taktik beziehen, was aber auch alles auf andere Strecken mit Abwandlungen umsetzbar ist.
Lauftaktik: Meine Erfahrungen für Wettkämpfe
Zu meiner Jugendzeit neigte ich dazu, sehr schnell zu beginnen. Als Heranwachsender hat man noch nicht so viel überlegt und ist einfach losgerannt. Deshalb darf auch die Frage erlaubt sein, ob wir erwachsenen Menschen manchmal zu viel nachdenken und unserem Erfolg dadurch im Weg stehen. Manchmal ging es mit dem schnellen Anfangstempo gut und ich konnte die gute Position, welche ich mir am Anfang erarbeitet habe, verteidigen. Oder es ging schief, dann ging es gnadenlos nach hinten. Im Ziel durfte dann ein Häufchen Elend begrüßt werden.
Dazu muss ich erwähnen, dass ich über die letzten Jahre den Eindruck habe, dass die Laufleistungen und gelaufenen Zeiten an sich in der Breite nicht mehr so schnell sind. Damals empfand ich die Leistungsdichte höher. Gründe dafür wird es viele geben. Einer ist sicherlich, dass Laufen anerkannt geworden ist, und viele Menschen einfach laufen, um sich fit zu fühlen und Spaß zu haben. Zeiten sind da in der Masse meist zweitrangig, zumindest wird das von Läuferinnen und Läufern oft so kommuniziert. Ich glaube der eigene Druck bei vielen Sportlerinnen und Sportlern ist schon sehr hoch und damit auch ein gewisses Stresslevel, was ich persönlich sehr schade finde.
Unterschiedlichste Laufstrategien
Um wirklich um vordere Plätze mitlaufen zu können, musste ich damals wirklich richtig auf das Gaspedal drücken – zumindest dachte ich dies immer. Die Renntaktik, wenn diese als solches überhaupt bezeichnen darf, hieß volle Kanne von Anfang bis Ende. Auch wenn es jetzt etwas derb klingen mag, es gab Trainer, die der Meinung waren, dass man erst alles gegeben hat, wenn man im Ziel kotzt. Ich stelle mir gerade vor wie mich meine Kund*innen anschauen würden, wenn ich solche Aussagen treffe. Zu dieser Aussage kann sich jeder seine eigene Meinung bilden. Aber mir stand manchmal der Mageninhalt bis zum Hals. Und mal gab es tatsächlich kleinere Erfolge oder es ging richtig schief.
In der Ruhe liegt die Kraft
Nach einer mehrjährigen läuferischen Pause ging ich bei Laufwettbewerben anders an den Start. Die Gezwungenheit und der verbissene Kampfeswille waren nicht mehr vorhanden. Meine Lauftaktik nach dem Wiedereinstieg war sehr einfach: Laufe so schnell, dass du dich auch noch einigermaßen wohlfühlst – gesagt, getan.
Nachdem ich das Lauftraining wieder intensiver betrieb und an sehr vielen Wettkämpfen teilnahm, in einem Jahr waren es auch schon mal mehr als 50 Volksläufe, kamen auch wieder bessere Platzierungen zustande – wobei mir diese nie wirklich wichtig waren. Die Lauftaktik hieß ab jetzt, im kontrollierten Lauftempo beginnen, zum Schluss das Feld aufrollen und das Tempo erhöhen. Gerade auf Laufdistanzen ab 10 Kilometern funktionierte diese Renntaktik sehr gut und es zeigte sich als optimale Halbmarathon-Taktik. Es machte Spaß, Läuferinnen und Läufer nach und nach einzusammeln. Manchmal sprang dabei eine vordere Platzierung raus, gerade bei kleineren Laufveranstaltungen.
Meine Halbmarathon-Taktik gefunden
Auch wenn ich bis zum heutigen Tag auf diese Taktik vor allem beim Halbmarathon schwöre, weiß ich auch, dass man gerade bei größeren Laufveranstaltungen mit dieser Taktik nicht ganz nach vorn kommt. Das gelänge nur, wenn man von vornherein so gut trainiert ist, dass man schon im lockeren Dauerlauf den anderen Sportlern weit überlegen ist, oder aber es muss an der eigenen Einstellung gearbeitet werden. Du kennst bestimmt die Läufer*innen, die schon beim Einlaufen ein Lauftempo an den Tag legen, welches man selber schon als maximales Tempo ansieht und für diese Menschen ist es eben ein lockeres Traben.
Nach einem kleinen Ausflug in meine Laufwelt möchte ich jetzt noch einige Halbmarathon-Taktiken vorstellen, die im Laufwettbewerb angewendet werden können.
Grundlagen der Halbmarathon-Taktik
1. Die Startphase: Ruhig und kontrolliert beginnen
Die ersten Kilometer des Halbmarathons legen die Grundlage für Dein Rennen. Ein zu schneller Start führt oft zu einem Leistungseinbruch in der zweiten Hälfte, was die Gesamtzeit deutlich verschlechtern kann. Beginne daher in einem kontrollierten Tempo, das Dich nicht überfordert, aber auch nicht zu langsam ist. Ein gleichmäßiges Lauftempo ist der Schlüssel für eine gute Gesamtzeit für Dich.
2. Das Mittelfeld: Den Rhythmus beibehalten
Im Mittelteil des Rennens (zwischen Kilometer 5 und 16) ist es wichtig, im Wohlfühltempo zu laufen. Versuche, Dein Lauftempo gleichmäßig zu halten, um Kraft für die letzte Hälfte zu sparen. Eine gleichmäßige Geschwindigkeit kann Dir helfen, Deine Energie zu schonen und Dich mental auf die letzte Rennphase vorzubereiten.
3. Kurz vor dem Ziel
Die letzten Kilometer eines Halbmarathons sind mental und physisch anspruchsvoll. Hier entscheidet sich, ob Deine Renntaktik aufgeht. Falls Du Dich noch gut fühlst, steigere Dein Tempo ab Kilometer 18. Sei dabei jedoch vorsichtig, dass Du nicht zu früh zu viel Energie verbrauchst.
Taktische Varianten für Deinen Halbmarathon
Gleichmäßiges Lauftempo vom Start bis zum Ziel
Mit dieser Renntaktik gehst Du auf Nummer sicher. Es gilt wirklich langsam zu beginnen und es kann sich im ersten Augenblick sogar zu langsam anfühlen. Hier aus meiner Erfahrung als Trainer. Die meisten Mitstreiter*innen beginnen sehr schnell und über die eigenen Verhältnisse. Die Wettkampfeuphorie und das Adrenalin gaukeln uns auch noch ein langsames Tempo vor. Also eine Kombination die schnell dazu verleitet, doch ein zu hohes Lauftempo anzugehen. Deshalb schaue ob Du Dich noch ohne zu Schnaufen und Pusten unterhalten könntest. Gern die Zwischenzeit kontrollieren. Verlasse Dich bitte nicht zu sehr auf den Puls, denn dieser kann andere Werte als gewohnt zeigen, wegen angesprochener Herausforderungen. Diese Taktik ist ideal für Menschen, die sich nicht zu sehr verausgaben wollen und trotzdem eine gute Zeit erreichen möchten. Ein konstantes Tempo über die gesamte Distanz hinweg eignet sich besonders für Anfänger*innen, die sich noch an die Halbmarathon-Distanz gewöhnen.
Im ruhigen Tempo beginnen und das Lauftempo steigern (Negativ-Split-Taktik)
Bei dieser Halbmarathon-Taktik ist es wichtig seine persönliche Leistungsfähigkeit wirklich zu kennen. Nicht zu schnell und nicht zu langsam beginnen. Gute Leistungen sind auf alle Fälle möglich und es ist sehr motivierend, wenn das Lauffeld von hinten aufgerollt wird. Aber gerade die Euphorie am Anfang verleitet dazu dennoch zu schnell zu sein, auch wenn es sich so nicht anfühlt. Deshalb ist es hier wichtig seine Zwischenzeiten zu kennen und diese auf den ersten Kilometern zu kontrollieren. Und wenn nach mehr als der Hälfte der Halbmarathonstrecke ein gutes Körpergefühl vorhanden ist, dann darf gern kontrolliert das Tempo erhöht werden.
Schnelles Lauftempo vom Start an (Setzt sehr viel Erfahrung voraus.)
Vorn an der Startlinie eingereiht und mit dem Startschuss alles raushauen, was in einem steckt. An guten Tagen klappt es, und an weniger guten Tagen wird es nicht funktionieren. Voraussetzung ist natürlich ein guter Trainingszustand mit angemessener Grundschnelligkeit. Ein bekannter Laufkollege meinte mal zu mir: Versuche immer mit der Spitze mitzulaufen. Am Anfang schaffst du einen Kilometer, beim zweiten Wettkampf zwei Kilometer und irgendwann hast Du die Wettkampfhärte und bist im Ziel ganz vorn dabei. Ich lasse diesen Tipp einfach mal so stehen.
Mit dem Tempo spielen
Diese Taktik für den Halbmarathon kann vor allem für Menschen interessant sein, die sich mit gleichstarken Läufer*innen messen. Während des Rennens immer mal das Tempo anziehen und wieder verschleppen, schauen wie die Mitstreiter*innen darauf reagieren und dadurch einen Eindruck gewinnen, wie es um die Form am jeweiligen Tag bestellt ist. Diese Renntaktik kann im hügligen Gelände sehr effektiv, aber auch kräftezehrend sein.
Sich an die Mitläufer*innen halten und diese dadurch verunsichern
Wenn man von der eigenen Leistung überzeugt ist, kann man sich auch hinter den Mitläufer*innen einreihen. Kaum jemand mag den Atem der anderen Läufer*innen hinter sich, einige fühlen sich verunsichert oder werden verleitet, ein zu hohes Lauftempo anzuschlagen. Dies kann ein wichtiger Faktor sein, wenn es um Platzierungen geht.
Trainingsplanung und Vorbereitung auf den Halbmarathon
Eine solide Halbmarathon-Vorbereitung ist die Basis für eine erfolgreiche Renntaktik. Ein abgestimmter Trainingsplan hilft Dir, Dein Tempo, Deine Ausdauer und Deine Taktik zu optimieren. Um das beste aus Deinem Lauf herauszuholen, schaue Dir gern meinen Halbmarathon-Trainingsplan für Anfänger*innen an, der alle wesentlichen Aspekte der Vorbereitung abdeckt.
Wichtige Faktoren: Ernährung und mentale Stärke
Ernährung für den Halbmarathon
Die richtige Ernährung ist für einen erfolgreichen Halbmarathon entscheidend. Achte auf eine kohlenhydratreiche Ernährung in den Tagen vor dem Rennen, um Deine Glykogenspeicher aufzufüllen. Am Wettkampftag selbst solltest Du ein leicht verdauliches Frühstück einplanen. Während des Rennens können Elektrolytgetränke und kleine Snacks helfen, den Energielevel aufrechtzuerhalten.
Mentale Stärke und Selbstvertrauen
Neben der physischen Vorbereitung spielt die mentale Stärke eine große Rolle. Visualisiere Deinen Lauf und stelle Dir die perfekte Renntaktik vor, um Dein Selbstvertrauen zu stärken. Ein starkes Selbstbild hilft Dir, Herausforderungen zu meistern und bis zum Schluss durchzuhalten.
Wetterbedingungen und Ausrüstung
Ausrüstung an die Wetterbedingungen anpassen
Achte darauf, dass Deine Ausrüstung den Bedingungen entspricht: Laufjacke bei Wind und Kälte, atmungsaktive Kleidung bei Hitze. Achte auf gut sitzende Laufschuhe, die Dir den nötigen Komfort und die Stabilität bieten.
Laufstrategie bei verschiedenen Wetterbedingungen
Passe die Laufstrategie für den Halbmarathon an die jeweiligen Bedingungen an. Bei hohen Temperaturen solltest Du etwas langsamer starten, um Überhitzung zu vermeiden. Bei kühlem Wetter hingegen kann ein etwas höheres Anfangstempo von Vorteil sein, um die Muskeln warmzuhalten. Manchmal lohnt es sich auch durch gemeinsames Training mit anderen Läufer*innen oder unter Anleitungen neues Wissen zu erlangen, eine Möglichkeit wäre dafür ein gezieltes Laufcamp.
Wichtig ist aus meiner Sicht selbst auch zu testen und zu lernen und die eigene Halbmarathon-Taktik zu finden und natürlich gilt dies auch für andere Laufstrecken und das Lauftraining. Die Vorschläge lassen sich gut als Marathon-Taktik umsetzen, wobei dort der Verpflegung noch eine größere Beachtung geschenkt werden sollte.