Für viele Läufer bildet der Herbst den Abschluss einer Laufsaison. Die einen laufen den letzten Marathon, andere befinden sich in der Hochphase einer bestimmten Laufcupserie und bestreiten die letzten Wettkämpfe. Irgendwann muss der Körper aber mal zur Ruhe kommen, und es wird neue Kraft gesammelt. Deshalb ist es sinnvoll, einfach mal die Beine auszustrecken, Dinge zu tun, die eventuell in der Laufsaison zu kurz kamen, und vor allem, die letzten Monate Revue passieren zu lassen. Sich am Erlebten erfreuen und neue Ziele ins Visier nehmen, das ist Aufgabe der letzten Wochen im Laufjahr.
Im Hochleistungssport ist es ganz normal, dass es Phasen der Hochleistung gibt und dann Perioden, in denen der Körper zur Ruhe kommt. Heute möchte ich darauf eingehen, wie man eine neue Laufsaison grob vorbereiten kann, um neue sportliche Ziele erfolgreich anzugehen.
Auswertung der aktuellen Laufsaison
Wichtig ist, Abstand zur alten Laufsaison zu gewinnen. War es ein erfolgreiches Jahr, dann macht es Spaß, sich an das Erlebte zu erinnern. War es eine verletzungsreiche Laufsaison, dann möchte man diese schnell vergessen. Erfolg schmeckt eben immer besser als Niederlagen. Aber aus Niederlagen können wir lernen und so hart es klingen mag, wir sollten dankbar dafür sein, denn diese können uns stärker machen, wenn wir bereit sind zu lernen.
- Durch regelmäßige Aufzeichnungen des Lauftrainings in einem Trainingstagebuch kann das Laufjahr genau ausgewertet werden. Was lief erfolgreich, und wo gab es Probleme? Anhand der Notizen ist es nachvollziehbar, was sehr gut gemacht wurde und wo es Schwierigkeiten gab.
Als Trainingstagebuch kann ganz klassisch ein Notizblock/Schreibblock dienen. Dort werden der Trainingsinhalt, die gelaufenen Kilometer, die Trainingszeit, das eigene Befinden, das Wetter, die äußeren Umstände, Pulswerte, und was für Euch oder Euren Trainer noch so relevant ist, notiert. Natürlich gibt es für alle, die es etwas ordentlicher möchten, im Handel fertige Trainingstagebuch. Dort müssen dann nur noch die einzelnen Daten eingetragen werden. Dort müsst Ihr mit den vorgegebenen Kopfdaten leben und habt selten die Chance, eigene Rubriken einzuführen. Die gesamte Auswertung geschieht noch aus eigener Kraft in klassischen Trainingstagebüchern, und es muss noch selbst gerechnet werden. Die gelaufenen Kilometer in einer Woche, in einem Monat und in einem Jahr, der zeitliche Aufwand also, und in welchen Trainingsbereichen wurde wie oft trainiert. Dies macht natürlich alles viel Arbeit, aber man muss sich nochmal genauer mit dem eigenen Lauftraining beschäftigen und bekommt einen guten Blick für das erledigte und durchgeführte Pensum.
Einfacher geht es natürlich über verschiedene Online-Trainingstagebücher. Mittlerweile gibt es eine ganze Menge an Programmen, die dabei helfen, das eigene Lauftraining zu analysieren. So können fast alle Parameter notiert werden, und je nach Programm ist es möglich, verschiedenste Diagramme und Auswertungsprotokolle zu erstellen. Dies geschieht meist automatisch und Ihr bekommt einen schnellen Überblick. Um die Tools zu nutzen, ist meist eine gewisse Einarbeitungszeit notwendig, und es sollte im Vorfeld geschaut werden, welche Informationen sind für mich oder meinen Lauftrainer wichtig oder auf was verzichtet werden kann.
Die meisten modernen Laufuhren bieten per USB-Übertragung auf den PC eigene Trainingstagebücher an. Hier können Trainingspläne erstellt werden, das gesamte Training analysiert und die einzelnen Trainingsstrecken ausgewertet werden. Da immer mehr Uhren GPS besitzen, kann genau geschaut werden, wie das Profil der Laufstrecke aussah. Sehr interessant ist dies, wenn man in unbekannten Gegenden läuft.
Nehmt Euch Zeit für die Auswertung einer Laufsaison und vor allem, seid ehrlich zu Euch selbst. Das Sammeln von Kilometern macht nicht unbedingt schneller, aber dies wäre schon wieder Material für einen anderen Beitrag. Schaut Euch genau an, unter welchen Bedingungen und in welcher Phase der Laufsaison es besonders gut lief und wo es nicht so gut war. Schaut Euch den Wechsel zwischen Belastung und Pausen an. Ist da ein System zu erkennen? Denn schon hier kann manches Saisonproblem erklärt werden. Wer nur unter Dampf läuft, kann auf Dauer nicht die großartigen Leistungen bringen. Natürlich können jedes Wochenende Wettkämpfe gelaufen werden, aber so wird man selten das Maximale aus sich und seinem Lauftraining rausholen. Es macht Sinn vielleicht auch mal zu schauen, ob es weniger Laufwettkämpfe im nächsten Jahr sein sollten, diese aber dafür umso gezielter anzugehen. Manchmal ist es hilfreich, mit einem Trainer, Lauffreund oder einem erfahrenen Läufer über die Aufzeichnungen der alten Laufsaison zu schauen. Für ein dritte Person ist oft einfacher, einzelne Trainings- oder Planungsfehler zu enttarnen, da diese mit einem emotionalen Abstand daraufschauen.
Aus Fehlern lernen und positive Erlebnisse mitnehmen
Die Suche nach Fehlern ist aus meiner Sicht jedoch nicht vordergründig wichtig. Viel wichtiger sind tolle Erlebnisse und Situationen, in denen es wirklich gut lief. Darüber hinaus kann auch die kaputteste Laufsaison wichtige Erkenntnisse für die Trainingsplanung liefern. Wer sich immer wieder mit Rückenschmerzen bei längeren Läufen plagt, sollte sich endlich auf die Socken machen und schauen, wo die Ursachen liegen. Die erste Frage: Hat sich schon mal ein Experte Euren Laufstil angeschaut? Damit ist jetzt aber nicht eine Laufbandanalyse gemeint, wo letztendlich nur auf die Füße geschaut wird. Bekanntlich fängt der Fisch vom Kopf an zu stinken und so ist das Laufen auch eine komplexe Sache, an der der ganze Körper beteiligt ist. Wie sieht es mit Kräftigungen oder lauftechnischen Übungen aus? Vielleicht steht ja auch mal ein Besuch bei einem guten Arzt an? An dieser Stelle gebe ich gern zu, dass es nicht ganz einfach ist, wirkliche Spezialisten zu finden. Aber die Suche kann sich lohnen.
Fragt Euch, welche Laufwettkämpfe richtig gut waren. So habe ich früher immer mitbekommen, dass meine besten Läufe die im späteren Herbst und Frühjahr stattfanden, also dann, wenn die Außentemperaturen angenehm waren. Ich würde mich zu der Sorte Läufer zählen, die bei höheren Lufttemperaturen einfach nicht so gut sportlich drauf sind. Also, vielleicht solltet Ihr bei Eurer Jahresplanung genau so etwas berücksichtigen. Auch eine gute Frage kann sein, was man noch besser machen kann, um die guten Läufe noch besser zu gestalten. Wenn man bei einer bestimmten Laufveranstaltung Jahr für Jahr immer knapp am Sieg gescheitert ist, kann es sich lohnen, sich auf dieses Event ganz gezielt vorzubereiten. Denn durch die Planung auf den Punkt hin, können oft noch einige Körnchen aktiviert werden, die letztendlich zum Sieg reichen.
Wenn Ihr schon 3-4 Jahre durchzieht, könntet Ihr in einer Saison etwas kürzer treten oder einfach mal den Mut haben, neue Wege zu gehen. Wie wäre es mit 1-2 Triathlonstarts oder einigen Radtouren? Möglichkeiten, um etwas anderes zu machen, neue Trainingsreize zu setzen und neue Power zu gewinnen, gibt es viele. Oder einfach mal eine Laufsaison ausspannen und nicht immer nur volle Kanne geben.
Neue Ziele definieren und nach Wichtigkeit sortieren
Nach der Analyse kommt die grobe Zielplanung. Es gilt zu klären, welche Veranstaltungen und Läufe Euch besonders wichtig sind und welche Ihr einfach nur so absolvieren wollt. Man muss nicht bei jedem Lauf Vollgas geben. So finde ich es überhaupt nicht schlecht, wenn man sich Läufe raussucht, die einem von der Strecke und vom ganzen Flair besonders gut gefallen und diese einfach nur mitläuft und genießt. So könnt Ihr Laufeinsteiger beim ersten Volkslauf begleiten oder einfach mal locker mit Lauffreunden mitlaufen. Ich finde die Unterteilung zwischen A-Zielen, B-Zielen und C-Zielen hilfreich und sinnvoll.
- A-Ziel: Saisonhöhepunkt: Hier soll die höchste Leistung abgerufen werden, die gesamte Trainingsplanung wird auf dieses Ziel ausgerichtet. Je nach Distanz sollte es nicht mehr als ein bis vier A-Ziele in einer Laufsaison geben.
- B-Ziele: Können mitgenommen werden, um zu sehen, wo man sich leistungsmäßig befindet. Zu viele B-Ziele sollten es aber in einer Saison nicht sein.
- C-Ziele: Aus dem Training heraus, Läufe die unter Wettkampfbedingung stattfinden – aus Spaß und Freude. Diese Läufe jedoch nicht überziehen. C-Ziele können hilfreiche Läufe sein, um aus dem alltäglichen Trott des Lauftrainings rauszukommen, sich Motivation zu holen und Wettkampfatmosphäre zu schnuppern.
Periodisierung
Als nächstes geht es an die Periodisierung. Nehmen wir die sogenannte Übergangsphase als Beispiel, also genau die Zeit nach einer Saison. Hier solltet Ihr wirklich ganz wenig machen und den Körper zur Ruhe kommen lassen. Bei dem einen dauert diese Phase vier Wochen und beim nächsten acht Wochen. Da solltet Ihr schauen, wie hoch die Belastung in der letzten Saison war. Vielleicht braucht der Körper einfach mehr Ruhe, um wieder zu Kräften zu kommen.
Es schließt sich die normale Vorbereitungsphase an, welche in verschiedene Schwerpunkte und Belastungsbereiche unterteilt werden kann. Danach kommt die Phase, in der auf das Saisonziel hingearbeitet wird, dies ist auch die Zeit mit der höchsten Belastung. In der sich anschließenden Wettkampfphase wird das Saisonziel angesteuert. Hier sind wieder weniger Umfänge gefragt, dafür aber ein intensiveres und auf das eigentliche Ziel ausgerichtetes Training. Zu der gesamten Thematik werde ich zu gegebener Zeit einen eigenen Artikel verfassen.
Fazit: Jetzt kann es ins Detail gehen für die neue Laufsaison
Jetzt könnt Ihr schon ins Detail gehen und die einzelnen Trainingswochen und Schwerpunkte definieren und planen. Aber bei aller Trainingsplanung sollte unbedingt eine Flexibilität erhalten bleiben. Macht Euch nicht zum Sklaven Eures Trainingsplanes. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Saison auszuwerten und die nächste zu planen. Deshalb ist meine aufgezeigte Vorgehensweise eine von vielen. Jeder Sportler muss letztendlich schauen, was für ihn gut ist und was nicht. Wie geht Ihr an die Jahresplanung für die neue Laufsaison und wertet Ihr überhaupt die alte Sportsaison aus?